Die Vorzeichen zum Cup-Viertelfinale gegen den BSV Bern 3 standen statistisch gesehen schlecht: Von bisher acht Aufeinandertreffen in der Liga konnte der BSV 7 Spiele für sich entscheiden. Das beste Resultat des HBC Münsingens (ein Unentschieden) stammt aus dieser Meisterschaftssaison. Dennoch traten die Herren aus Münsingen mit einem guten Gefühl in der Mobiliar Arena in Gümligen an und starteten sogleich gut in die Partie. Mit einer schönen Einzelaktion von Grunder konnte direkt das 0:1 erzielt werden und der erste Berner Wurf landete auch noch neben dem Tor. Danach ging jedoch das grosse Verwerfen los: Die Münsinger scheiterten immer wieder durch unplatzierte Würfe aber auch an dem zum Teil stark agierenden Berner Tormann Sieber. Den zwölf am Ende der ersten Hälfte erzielten Treffern standen ebenso viele Fehlversuche gegenüber… Die Berner machten es in der Zwischenzeit etwas besser: Sie erzielten 15 Tore. Münsingens grösster Mann auf dem Feld beziehungsweise im Tor verhinderte mit fünf Paraden Schlimmeres, so dass man mit einem Score von 15:12 in die Pause gehen konnte.
Nach einem wiederum fehlerhaften Beginn beider Mannschaften, fanden die Münsinger nach der 40. Minute besser ins Spiel. Vorne führten variantenreichere Würfe und ein nach einigen Traubenzucker besser ins Spiel findender Kipfer öfter zum Torerfolg. Zudem hat der in der Pause eingewechselte Torwart Soltermann einen Glanztag erwischt. Er kratzte zwei Siebenmeter von der Linie und sorgte mit seinen mirakulösen Paraden unter anderem dafür, dass Berns bester Scorer Stebler in der zweiten Hälfte nur noch halb so viele Tore wie noch in der ersten warf.
Der HBC Münsingen konnte den zur Pause bestehenden 3-Tore-Rückstand nicht nur aufholen, sondern ging in der 57. Minute sogar das erste Mal in Führung. 1 Minute und 10 Sekunden vor Schluss der regulären Spielzeit nahm der BSV Bern sein Team Timeout. Zu diesem Zeitpunkt standen die Münsinger sogar mit zwei Toren in Führung und einige Zuschaer glaubten bald schon jubeln zu können. Leider war dem nicht so. Durch zwei Zeitstrafen gegen Schmid und Schmer sowie die Kaltschnäuzigkeit des Berner Routiniers Hefti, welcher innert 20 Sekunden zwei Mal traf, schaffte man es den sicher geglaubten Sieg noch zu verspielen. Nach 60 Minuten stand es somit 25:25 und Trainer Hänni musste seine Jungs auf eine schwierige Aufgabe in einer im Handball so raren Nachspielzeit einschwören.
Dass dies gelang, zeigte der Start in die ersten fünf Minuten der Nachspielzeit. Trotz der schlechten Ausgangslage (fast eineinhalb Minuten in doppelter Unterzahl) konnte man dank guten Abschlüssen und einem wiederum stark aufspielenden Soltermann im Kasten dranbleiben.
Der zweite Teil der Nachspielzeit wurde mit einem Spielstand von 28:28 eröffnet und fünf Minuten später wieder 30:30 unentschieden geschlossen. Kipfer hatte eine Sekunde vor Abpfiff einen Wurf an die Latte gesetzt.
Dass es sich um ein Amateur-Handballspiel handelte, wurde in der Folge offensichtlich. Niemand wusste so recht, was nach zwei Mal fünf Minuten Verlängerung passiert. Direkt Siebenmeter-Werfen, eine weitere Nachspielzeit oder das Spiel durch einen Münzwurf entscheiden? Zum Glück wusste das Schiedsrichtergespann Bescheid: Weitere zwei Mal fünf Minuten Nachspielen waren angesagt.
Die Münsinger konnten nun ihre bessere körperliche Verfassung nutzen und gingen nach insgesamt 76 gespielten Minuten mit 31:33 in Führung. Das drohende Cup-Aus, das regelmässige Scheitern an Torwart Soltermann und das harte, aber immer faire Verteidigungsspiel der Münsinger Abwehrlinie schien einen deutlichen Einfluss auf das Gemüt einiger der Hausherren gehabt zu haben. So liess sich in der 77. Minute einer der Berner Altmeister zu einer unschönen Tätlichkeit gegen Münsingens Schmid hinreissen. Dieser wehrte sich verständlicher Weise gegen die mehreren auf ihn eintreffenden Schläge. Nach Interpretation des Verfassers wollte das Schiedsrichterduo wahrscheinlich weitere solche Szenen vermeiden und disqualifizierte gleich beide involvierten Spieler. Der deutliche Tiefpunkt eines ansonsten fair geführten Derbies…
Nach einer etwas längeren Unterbrechung, um die hochkochenden Emotionen zu beruhigen, konnte das Spiel beim Stand von 31:33 weitergeführt werden. Der BSV Bern lief weitere zwei Minuten dem Rückstand hinterher. Rund 50 Sekunden vor Schluss konnte Grunder dann ein weiteres Mal den möglichen Siegtreffer zum 33:35 erzielen. Doch weit gefehlt… Der BSV Bern konnte durch ein schnelles Anspiel und wiederum den abgezockten Hefti innert 30 Sekunden zu 35:35 ausgleichen. Auch Münsingens Endtner konnte zwei Sekunden vor Schluss nichts mehr ändern. Er setzte den Ball neben das Tor.
Und so kam es zum Siebenmeter-Werfen. Für den neutralen Zuschauer ein wahres Spektakel, für die mitgereisten Münsinger Fans ein beinahe lebensgefährdender Event. Grunder, Endtner und Kipfer trafen in Folge für den HBC. Schenk wurde von BSVs Hitz angeworfen, was den Münsingern die Chance eröffnete, mit zwei Treffern alles klarzumachen. Doch Balogh zielte ein bisschen zu genau und traf den linken Pfosten. Die beiden folgenden Berner Werfer und Münsingens slowakisches Muskelpaket Schmer trafen beide. Die Schiedsrichter mussten den beiden Teams ein weiteres Mal Regelnachhilfe geben: Es galt nun so lange zu werfen, bis ein Spieler nicht trifft und das andere Team ein Tor mehr erzielt.
Da Münsingen bei den ersten fünf Siebenmetern begonnen hatte, hatte nun BSVs Nr. 5 die Ehre gegen Schenk anzutreten. Der Druck der spärlich gefüllten Mobiliar Arena war zu gross: Berns Dubach verwarf. Nun konnte Münsingens Grunder gegen seinen früheren Verein alles klar machen – und tat dies! Mit einem satten Wurf unter die Latte sorgte er für einem Platzsturm der Münsinger Unterstützer. Ein grandioses Ende eines Spiels, das alles dabeihatte, was der Handballsport zu bieten hat!
Mit dieser starken Willensleistung zementieren die Herren des HBC Münsingens ihren Ruf als Cupmannschaft und ziehen zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte in das Final Four-Turnier des Berner Regio-Cups ein!
Zusammenfassung
BSV Bern 3 – HBC Münsingen 39:40 (n.P.)
Gümligen Mobiliar Arena – SR Kurth/Schwarzmeyer
Strafen: 3x 2-Minuten & 1x Disq. gegen BSV Bern 2, 5x 2-Minuten & 1x Disq. gegen HBC Münsingen
BSV Bern 3: Korbel/Fund/Sieber, Dubach (4/2), Hefti (6), Hitz (1), Giovanelli, Mahon, Schildknecht (3), Stebler (14), Wildberger (1), Niederhauser (6), Stämpfli (1), Schaniel (3)
HBC Münsingen: Soltermann/Schenk, Liechti (1), Kaufmann, Streit, Schmid (3), Endtner (7), Gerber, Schädeli (1), Grunder (5), Schmer (10), Balogh (2), Kipfer (11)